Die sogenannte stille Kündigung ist kein kurzfristiger Trend einer einzelnen Generation, sondern ein mittlerweile weit verbreitetes Arbeitsverhalten. Unternehmen stehen mehr denn je vor der Aufgabe, Motivation, Wertschätzung und gesunde Arbeitsbedingungen neu zu überdenken und aktiv zu leben – und dabei auch die eigene Kommunikation in den Fokus zu nehmen. Führungskräfte sollten sich in dem Zusammenhang regelmäßig fragen: Wie werde ich als Führungsperson wahrgenommen? Fördere ich Vertrauen, Offenheit und Motivation oder sende ich eventuell unbewusst Signale, die Distanz erzeugen können?

Was steckt dahinter?
Quiet Quitting ist kein klassisches Kündigen, sondern beschreibt eine innere Distanzierung, die besonders seit der Pandemie zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Die Beschäftigten bleiben weiterhin im Unternehmen, reduzieren aber ihr Engagement auf das vertraglich Geforderte. Dieses Verhalten ist zwar vertragskonform, führt aber langfristig häufig zu einem Verlust an Motivation und Bindung zum Unternehmen. Beschäftigte ändern ihre innere Haltung zur Arbeit. 

Intrinsisch motiviert ist die innere Kündigung häufig durch den Wunsch nach einer ausgeglicheneren Work-Life-Balance, mehr Zeit für das Privatleben und einer klaren Abgrenzung gegenüber beruflichen Anforderungen. Beschäftigte lehnen freiwillige Überstunden, besondere Extraaufgaben oder auch übermäßigen Einsatz mehr und mehr ab und erfüllen entsprechend rein die arbeitsvertraglichen Mindestanforderungen. 

Laut einer aktuellen Studie des Instituts zur Fortbildung von Betriebsräten machen in Deutschland mittlerweile 78 Prozent der Arbeitnehmenden Dienst nach Vorschrift, 2023 waren es noch 67 Prozent – hier ist also ein drastischer Anstieg erkennbar.

Neue Arbeitsrealitäten
In den letzten Jahren ist das Angebot an technischen Möglichkeiten rund um digitale Zusammenarbeit enorm gewachsen. Damit haben sich auch neue Verhaltensweisen entwickelt: Manche Beschäftigte nutzen Tools wie sogenannte Mouse Jiggler (USB-Geräte, die Mausbewegungen simulieren), um den Eindruck von Aktivität am Rechner zu erzeugen – insbesondere im Homeoffice oder an digital überwachten Arbeitsplätzen. Auf diese Weise bleibt der Status in Programmen wie Teams oder Zoom auf „verfügbar“, auch wenn die Person gerade nicht aktiv am Arbeitsplatz sitzt.

Genauso funktionieren Click-To-Run Anwendungen, wie z.B. der Status Holder, die – teilweise kostenpflichtig – damit werben, von der IT-Abteilung so gut wie nie entdeckt zu werden.  

Diese Beobachtungen sollten aber nicht vorschnell zu dem Schluss führen, dass Mitarbeitende ihre Arbeit grundsätzlich mehr und mehr vermeiden wollen. Vielmehr lohnt sich hier ein Perspektivwechsel: Warum entsteht überhaupt das Gefühl, ständig sichtbar und online sein zu müssen? Welche Erwartungen oder unausgesprochenen Regeln gibt es in der Organisation, die den Online-Status wichtiger erscheinen lassen, als das eigentliche Arbeitsergebnis? Und welche Rolle spielt dabei die Art und Weise, wie Leistung bewertet wird?

Gerade für Führungskräfte sind diese Fragen entscheidend. Wenn Beschäftigte zu technischen Hilfsmitteln greifen, kann dies ein Hinweis auf ein tieferliegendes Problem sein – etwa mangelndes Vertrauen, eine Kultur der ständigen Erreichbarkeit oder fehlende Klarheit über Zielvereinbarungen. Phänomene wie die innere Kündigung entstehen selten von heute auf morgen, sondern sind oft das Ergebnis von Strukturen, die wenig Gestaltungsspielraum lassen oder zu stark auf Kontrolle setzen.

Anstatt also alleine auf die Tools oder das Verhalten einzelner zu schauen, kann es hilfreicher sein, die Ursachen im Arbeitsumfeld zu hinterfragen. Welche Rahmenbedingungen fördern Vertrauen, Selbstverantwortung und echte Ergebnisorientierung? Und wie können Führungskräfte aktiv dazu beitragen, dass Mitarbeitende ihre Energie nicht darauf verwenden müssen, Aktivität vorzutäuschen, sondern sich auf das konzentrieren können, was wirklich zählt: ihre Arbeit, ihre Ideen und ihre Weiterentwicklung.

Ein hohes Engagement für den Job und den beruflichen Erfolg ist grundsätzlich wünschenswert. Gleichzeitig zeigt sich in unserer heutigen, wohlhabenden Gesellschaft, dass Arbeit nicht immer an erster Stelle stehen kann und darf. Neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen rücken daher zunehmend Themen wir Motivation, Gesundheit und Zufriedenheit in den Mittelpunkt. Sie sind entscheidend, um Phänomene wie die stille Kündigung zu vermeiden und das Risiko innerer Distanzierung zu verringern. 

Ein Generationenthema?
Es wird diskutiert, dass insbesondere jüngere Generationen wie Millennials oder die Generation Z einen Wertewandel in der Arbeitswelt sichtbar machen. Als Gründe für das „Quiet Quitting“ werden häufig Faktoren wie fehlende Wertschätzung, Überlastung, ungerechte Arbeitsbedingungen oder eine toxische Unternehmenskultur genannt.

Besonders die Bedeutung von Work-Life-Balance, die in sozialen Medien gern hervorgehoben wird, vermittelt den Eindruck, dass jüngere Menschen nicht mehr bereit sind, unbegrenzt Energie in ihren Beruf zu investieren oder mehr zu leisten, als vertraglich vereinbart ist. Vielleicht liegt darin tatsächlich eine veränderte Haltung: Jüngere Beschäftigte hinterfragen häufig stärker, welchen Stellenwert Arbeit in ihrem Leben haben soll. Dabei spielt sicherlich auch die Erfahrung eine Rolle, welche Folgen die oftmals grenzenlose Leistungsbereitschaft der Elterngeneration hatte – sei es in Bezug auf Gesundheit, Familie oder persönliche Zufriedenheit.

Tatsächlich ist Quiet Quitting ein Phänomen, das in allen Generationen auftreten kann – auch wenn die Beweggründe und Ausprägungen variieren. Während einige Beschäftigte vor allem eine Trennung von Beruf und Privatleben suchen, spielen für andere die fehlende Entwicklungsperspektive, eine dauerhafte Überlastung oder die Angst vor einem Burnout eine Rolle.

Welche Rolle spielt die Kommunikation?
Immer wieder zeigt sich: Häufig sind es nicht nur Strukturen, sondern auch Kommunikationsmuster, die das Risiko erhöhen. Fehlende Anerkennung, geringe Wertschätzung oder ein belastendes Arbeitsklima wirken sich unmittelbar auf Motivation und Bindung aus. Ebenso entscheidend sind klare Erwartungen, offene Rückmeldungen und ein Führungsstil, der zuhört und im Dialog bleibt.

Hier kann auch Input von außen hilfreich sein; etwa durch Supervision, regelmäßiges Coaching oder ein anonymes Feedbacksystem. Letzteres kann in Form eines Hinweisgebersystems implementiert werden – ab 50 Beschäftigten ist dies ohnehin gesetzlich verpflichtend. So erhalten Unternehmen frühzeitig Rückmeldungen, die helfen können, Spannungen zu erkennen und gezielt gegenzusteuern, bevor Mitarbeitende innerlich kündigen. 

Was kann man konkret tun?
Quiet Quitting – also die innere Distanzierung von der Arbeit – ist längst keine Randerscheinung mehr, sondern kann in jedem Unternehmen auf jeder Unternehmensebene stattfinden. Anstatt es ausschließlich den Mitarbeitenden zuzuschreiben, lohnt es sich, die Strukturen und Rahmenbedingungen zu hinterfragen, die solche Entwicklungen begünstigen. Führungskräfte können viel dazu beitragen, dass Beschäftigte motiviert, gesund und engagiert bleiben.

  • Klare Entwicklungsperspektiven schaffen: Beschäftigte brauchen das Gefühl, dass sie wachsen und sich weiterentwickeln können.
  • Work-Life-Balance ernst nehmen: Flexible Arbeitsmodelle und das Respektieren von Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben stärken langfristig die Motivation
  • Transparente Kommunikation fördern: Offene Gespräche und klare Erwartungen bauen Vertrauen auf
  • Wertschätzung fest im Alltag verankern: Anerkennung für Leistungen und kleine Erfolge motiviert mehr als jede Kontrolle
  • Gesunde Führungskultur entwickeln und leben: Faire Bedingungen, Vertrauen und ein positives Arbeitsklima sind der Schlüssel zu nachhaltigem Engagement.

Wie wir Sie unterstützen können
In der adverit academy begleiten wir Führungskräfte und Teams dabei, die Kommunikation bewusst zu gestalten und Rahmenbedingungen zu schaffen, die Motivation und Bindung fördern. Unsere Workshops und Trainings vermitteln praxisnahe Strategien für wertschätzende Kommunikation, gesunde Führung und eine Unternehmenskultur, in der Mitarbeitende ihr Potenzial voll entfalten können.

Sie führen ein StartUp? Um Phänomenen wie Quiet Quitting wirksam vorzubeugen, lohnt es sich, bereits bei der Unternehmensgründung die richtigen Weichen zu stellen. Wir begleiten Organisationen von Beginn an dabei, eine klare Unternehmensphilosophie, gelebte ethische Grundsätze und eine passende Hierarchiestruktur zu entwickeln. Diese Elemente bilden das Fundament eines Arbeitsumfeldes, in dem Vertrauen, Motivation und Wertschätzung von Anfang an fest verankert sind – und in dem Beschäftigte gar nicht erst das Bedürfnis verspüren, sich innerlich zurückzuziehen.

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie mehr darüber erfahren möchten.